|      Brüssel    (dapd). Mit akutem Absturzrisiko sind die EU-Spitzen in ihr zweitägiges    Milliarden-Geschacher um den neuen Gemeinschaftshaushalt gestartet. Als der    Gipfel nach fünfstündigen Vorverhandlungen am Donnerstagabend endlich begann,    stand er auch schon auf der Kippe. Denn ein Kompromissversuch von Ratschef    Herman Van Rompuy war zuvor kläglich gescheitert, weil er den sparwütigen    Briten zu weit entgegen kommen wollte. Eine Einigung bis zum Morgengrauen sei    "vielleicht nicht mal wahrscheinlich", verlautete am späten Abend    aus deutschen Regierungskreisen. Als    "unausgewogen" hatte unter anderen Belgiens Regierungschef Elio Di    Rupo die Vorstellungen Van Rompuys zuvor abgekanzelt, die Ausgaben um weitere    30 bis 40 Milliarden Euro zusammenzustreichen. Anstelle eines offiziellen    Verhandlungspapieres müsse nun erst ausgelotet werden, ob es für einen    Kompromiss überhaupt eine Grundlage gebe, sagte ein hoher EU-Diplomat der    dapd. Viele Signale dafür gab es nicht: Der britische Premier David Cameron    hatte schon bei seinem Eintreffen am Nachmittag posaunt, mit ihm werde es    "keinen Deal geben", wenn Van Rompuy seine Zahlen gegenüber dem    November nicht weiter reduziere. Damals hatte der Ratspräsident einen Rahmen    von 1,01 Billionen Euro vorgeschlagen. "Sehr, sehr    schwierig" Zwar war auch das schon    deutlich weniger als für die vorangegangene Periode - und damit werden der EU    erstmals in ihrer Geschichte weniger Geld für Landwirtschaftsförderung und    Strukturmittel zur Verfügung stehen. Doch auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU)    war Van Rompuys November-Plan noch zu üppig ausgefallen, sie wollte eine    Begrenzung auf ein Prozent des Bruttonationaleinkommens erreichen, das wäre    ein Deckel von 960 Milliarden Euro. Im Versuch, die    verhärteten Fronten aufzuweichen, nahm Merkel erst Cameron ins Gebet, sprach    dann mit Frankreichs Staatschef François Hollande, Italiens Regierungschef    Mario Monti, Spaniens Mariano Rajoy, mit Van Rompuy und EU-Kommissionschef    José Manuel Barroso, doch es half alles nichts. Die Aufgabe bleibe    "sehr, sehr schwierig", so die Regierungskreise, und falls es auf    dem Gipfel nicht klappe, dann werde es womöglich keinen dritten Anlauf mehr    geben. Und dann? Dann käme es zu    "Jahresscheiben", wie Merkel schon bei ihrem Eintreffen am    Nachmittag formulierte: Dann müsste der Finanzierungsdeckel für die    EU-Ausgaben jedes Jahr aufs Neue verabschiedet werden, allerdings nur mit    qualifizierter Mehrheit, die Briten verlören also ihr Veto. Das würde ein    verheerendes Signal der Handlungsunfähigkeit senden, weil sich die EU nicht    mehr zusammenraufen könnte. Und eine langfristige Planung auch für zentrale    Infrastrukturprojekte würde unmöglich. Merkel will "ganz    klar" die Einigung Merkel wolle deswegen    "ganz klar" eine Einigung auf einen Sieben-Jahres-Rahmen, so die    Regierungskreise. Allerdings seien die "Jahresscheiben" eine    zweitbeste Lösung, schließlich brauche Deutschland das Geld aus dem EU-Topf    "weniger als andere". Gleichwohl wäre das Scheitern des    Mehr-Jahres-Planes auch für Berlin riskant: Die Bundesregierung würde einen    wichtigen Rabatt auf ihren jährlichen Beitrag verlieren - und auch das    Sicherheitsnetz für die ostdeutschen Regionen hinge am seidenen Faden. Ganz fahren lassen wollte    die deutsche Delegation die Hoffnung auf eine Einigung aber noch nicht.    Immerhin habe sich Cameron - anders als bei seinem Eintreffen in Brüssel - in    den Gesprächen kompromissbereit gezeigt, so sei jedenfalls der Eindruck. Doch    ob das für eine Einigung reichen würde, blieb höchst fraglich. Schließlich    zeigten sich viele Krisen- und Empfängerländer erbost, dass überhaupt weiter    gekürzt werden solle. Die Vorstellung Van    Rompuys lägen viel zu weit unter den Ausgaben des vorherigen    Sieben-Jahres-Plans, lautete das Verdikt des belgischen Regierungschefs Di    Rupo. Die Strukturhilfen aus Brüssel seien "der Schlüssel" für die    Wiederbelebung seines Landes, sagte auch der griechische Ministerpräsident    Antonis Samaras. Und Élysée-Chef Hollande sekundierte als Kopf der mächtigsten    Agrarnation auf dem Kontinent: "Wenn Europa, nur um mit aller Gewalt    einen Kompromiss zu finden, seine gemeinsame Politik aufgibt, die    Landwirtschaft vergisst, Wachstum ignoriert, dann wäre ich nicht    einverstanden."  |    
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